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Sein „eigenstes Bekenntnis“

 

Als der Schreiber dieser Zeilen an der deutschen Übersetzung von Cantata profana (1930–31) arbeitete,
gestand ihm Bartók, er erachte und bekenne dieses Werk als sein eigenstes „Bekenntnis“.

Bence Szabolcsi, Bartók Béla: Cantata profana, in: Miért szép századunk zenéje? [Warum ist es schön? –  Die
Musik des 20. Jahrunderts ], hrsg. von György Kroó, Budapest, 1974, S. 186

 

 

[...] Was den musikalischen Teil der obenerwähnten Liederkategorien anbelangt, so ist die Kategorie der „Weihnachtslieder“ (rumänisch „Colinde“) am wichtigsten; sie bietet übrigens auch in ihren Texten folkloristisch, ja kulturhistorisch höchst wertvolles und interessantes Material. – Nun soll man sich aber ja nicht unter diesen „Weihnachtsliedern“ irgend etwas vorstellen, das dem frommen westeuropäischen Weihnachtslied entspricht. Schon der wichtigste Teil – vielleicht ein Drittel – der Texte hat mit der christlichen Weihnachtsfeier überhaupt nichts zu tun: Statt der Geschichte von Bethlehem finden wir darin die Beschreibung wunderbarer siegreicher Kämpfe mit dem noch nie besiegten Löwen (oder Hirschen); die Legende von den neun Menschensöhnen, die so lange in den Hochwäldern gejagt haben, bis sie sich in Hirsche verwandelt haben [...] Also lauter noch aus den heidnischen Zeiten herübergerettete Texte! [...]

 

  Bartók, “Rumanian Folk Music” (1933), in Béla Bartók Essays,
ed. Benjamin Suchoff (London, 1976), 120–21

 

 
  

       
 
                   

             

            Das Colindieren spielt sich folgendermaßen ab: Nach mehrwöchigem „Studieren“ (unisono chorisches Zusammensingen) der Colinde-Lieder unter Leitung des Scharführers tritt am Weihnachtsabend eine Schar von etwa acht bis zehn Burschen den Gang zum Colindieren an. Vor jedem Haus des Dorfes wird haltgemacht und gefragt, ob die Hausinsassen das Colindieren erlauben. Im Zimmer werden dann etwa vier bis fünf Colinde-Lieder als Wechselgesang zum besten gegeben, indem die Schar sich in zwei Gruppen trennt und indem die Strophen abwechselnd von je einer Gruppe gesungen werden. Zum Schluß wird die Schar beschenkt und zieht zum Nachbarhaus weiter. [...]
            Beachtenswert ist der fortwährende Taktwechsel: Man bedenke, diese und viele ähnliche „komplizierte“ Melodien werden von Analphabeten mit der größten Sicherheit und Selbstverständlichkeit gesungen: der beste Beweis, wie sehr sich manche Theoretiker irren, wenn sie glauben, ein häufiger Taktwechsel wäre etwas Gekünsteltes. [...]
 

Bartók, Rumänische Volksmusik (1933), in: Béla Bartók, Musiksprachen. Aufsätze und Vorträge,
 Leipzig, 1972, S. 84ff

 

  

   

  

 

  

  

   

[...] würden Sie die Freundlichkeit haben beiligenden Text jener Colinda, die ich in Musik setze, genau durchzusehen und eventuelle orthographische oder sonstige Fehler zu korrigieren? Sie haben bis Mitte August Zeit damit. Bitte auch die Richtigkeit der Silbenteilung zu prüfen.

 

Bartók Brief an Constantin Brăiloiu, zitiert nach András Benkő, „Bartók Béla levelei Constantin Brăiloiuhoz“ [Bartóks Briefe an Constantin Brăiloiu),
in: Bartók Dolgozatok [Bartók Studien],
hrsg. von Ferenc László, Bucharest, 1974, S. 2277

 

      

  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

[...] In der „Cantata profana“ ist bloss der Text rumänisch; das thematische Material ist eigene Erfindung, es ist auch keine Nachbildung rumän. Volksmusik, ja manche Teile sind überhaupt nicht im Volkston. Also müsste dieses Werk bloss als eine „Vertonung eines rumän. Col.[inda]-Textes“ erwähnt werden.

 

Bartóks Brief an Octavian Beu vom 10. Januar 1931, in: Béla Bartók, Briefe,
hrsg. von János Demény, Budapest, 1973, Bd. II, S. 83

 

 

 

    

  

 

 

 

 

 

 

  

  

  

 

Ich halte mich für einen ungarischen Komponisten. Auf Grund jener Originalwerken, in welchen ich Melodien eigener Erfindung, die rumän. Volksmusik nachgebildet oder nachempfunden sind, benütze, kann ich ebensowenig als „compositorul român“ bezeichnet werden, wie Brahms, Schubert und Debussy nicht auf Grund ihrer Originalwerken, in welchen sie ungarisch, bzw. spanisch nachempfundenes thematisches Material verwenden, als ungarische bzw. spanische Kompon. bezeichnet werden können. [...] Wäre Ihre Auffassung richtig, so könnte ich mit ebensolchem Rechte als „slowakischer Komponist“ gelten [...]
            Eigentlich kann man mein kompositorisches Schaffen, eben weil es aus dieser 3-fachen (ungar., rumän., slowak.) Quelle entspringt, als eine Verkörperung jener Integritäts-Idee betrachten, die heute in Ungarn so sehr betont wird. [...] Meine eigentliche Idee aber, deren ich – seitdem ich mich als Komponist gefunden habe – vollkommen bewusst bin, ist – die Verbrüderung der Völker, eine Verbrüderung trotz allem Krieg und Hader. Dieser Idee versuche ich – sowie es meine Kräfte gestatten – in meiner Musik zu dienen; deshalb entziehe ich mich keinem Einflusse, mag es auch slowakischer, rumänischer, arabischer oder sonst irgendeiner Quelle entstammen. Nur muss die Quelle rein, frisch und gesund sein!
 

Bartóks Brief an Octavian Beu vom 10. Januar 1931, in: Béla Bartók, Briefe, hrsg. von János Demény, Budapest, 1973, Bd. II, S. 80f